Robotergestützte Therapie nach Schlaganfall

Robotikgestützte Therapie und Geräte in der Schlaganfall-Rehabilitation

Immer mehr Ergotherapiepraxen bieten robotergestützte Therapie zur Verbesserung von Hand-, Arm- oder Schulterfunktion nach Hirnblutung oder Schlaganfall an. Welchen Beitrag leistet sie in der Schlaganfall-Therapie? Was sind ihre Vorteile und wie grenzen sich robotikgestützte Methoden von anderen Therapieansätzen ab?

Zuerst widmen wir uns den Grundlagen in der Neurorehabilitation nach Schlaganfall.

Was passiert bei einem Schlaganfall im Gehirn des Patienten?

Ein Schlaganfall wird entweder durch die Verstopfung eines Blutgefäßes oder durch Blutungen im oder um das Gehirn herum verursacht, was zu einem Sauerstoffmangel und zum Absterben von Gehirnzellen führt. Die weiteren physischen Auswirkungen des Verlusts von Gehirnzellen hängen von der betroffenen Hirnregion ab.

Was ist eine Hemiparese?

Eine wichtige Funktion des Gehirns ist, Botschaften an unsere Muskeln zu senden, damit sie sich koordiniert bewegen können. Nach einem Schlaganfall erleben Schlaganfallpatient:innen oftmals eine Hemiparese aufgrund der Schädigung des Gehirns.

Bei der Hemiparese oder Halbseitenlähmung handelt es sich um eine Lähmung einer Körperhälfte. Welche Nervenbahnen zu welchen Muskeln betroffen sind, hängt von der Hirnregion ab, die Schaden genommen hat. Eine Hemiparese betrifft also den einseitigen Körper, insbesondere die Arm-, Schulter- und Handfunktion und das Gehen.

Anforderungen an die Handrehabilitation

Häufig wissen die Menschen gar nicht zu schätzen, was Arme und Hände alles tun können. Allein in der Hand befinden sich rund 20 Gelenke, die Gelenke des Armes können sich in über 40 verschiedene Richtungen bewegen.

Rechnet man die Freiheitsgrade der einzelnen Gelenke, die für die Präzision der Bewegung erforderliche Koordination, die Ausrichtung der Gelenke und die Kraftausübung hinzu, erhält man ein sehr komplexes physikalisches System, das nach einem Schlaganfall wieder aufgebaut werden muss.

Hinzu kommen kognitive Anforderungen, die für die Handfunktion essentiell sind, wie die visuelle Wahrnehmung, die Sinneswahrnehmung und Verortung des Körpers im Raum.

Auch Spastiken können sich durch einen Schlaganfall entwickeln, was die Bewegung des Gelenks noch schwieriger macht.

Strategien in der Schlaganfall-Therapie

In der Handrehabilitation nach Schlaganfall gibt es mehrere evidenzbasierte Rehabilitationsstrategien.

Alle machen sich das Prinzip der Neuroplastizität zunutze, also die Fähigkeit des Gehirns, sich selbst neu zu vernetzen.

Dazu gehören beispielsweise:

  • Üben repetitiver Aufgaben
  • Constraint-Induced Movement Therapy (CIMT) sowie ihre modifizierten Formen
  • Geräte, die Virtual Reality (VR) nutzen
  • Spiegeltherapie
  • Muskelaufbau
  • Generelles Training

Viele dieser Maßnahmen überschneiden sich in ihren Konzepten, und während in der Forschung immer noch untersucht wird, welche ihrer Komponenten den größten Erfolg im Rehabilitationsprozess der Hand machen, lässt sich eines mit Gewissheit sagen: Dass neurologische Veränderungen nur durch viel Arbeit erzielt werden können.

Was ist robotergestützte Therapie?

Beim robotergestützten Training unterstützen Geräte die Bewegungen der Patient:innen. Die Bewegungsausführung erfolgt passiv.

Andere Therapieansätze in der Neurorehabilitation, wie das eigenständige Beüben von Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL) oder die aktive Handtherapie mit dem Neofect Smart Glove, setzen ein Minimum an Eigenaktivität in der Bewegung der Patient:innen voraus.

Bewegungslernen kann also aktiv, assistiv oder passiv erfolgen.

Robotik in der Schlaganfall-Therapie

Robotergestützte Therapiemaßnahmen für die oberen Extremitäten nach einem Schlaganfall reichen also von der vollständigen Unterstützung bei der Bewegung bis zum Tracking der aktiven eigenen Bewegung.

Vor allem in Bezug auf Geräte zur Unterstützung des Gehens (Gangrehabilitation) hat die Robotik in Form von Gangrobotern und Gangmaschinen in den letzten zehn Jahren große Fortschritte gemacht.

Gangtraining: Robotikgestützte Therapie

Was sind die Vorteile der robotergestützten Therapie?

  • Robotergestütztes Training kann die konventionelle Therapie ergänzen und effizienter machen, z. B. beim personalintensiven Gangtraining.
  • Beim robotergestütztem Gerätetraining können hohe Wiederholungszahlen von Bewegungsabläufen erreicht werden.
  • Robotergestützte Therapien dokumentieren sichtbar den Trainingsfortschritt.
  • Robotiktraining kann Therapeut:innen entlasten.

Verschiedene Therapieansätze mit einem Ziel

Die Gemeinsamkeit aller oben genannten Therapiemaßnahmen ist die häufige Wiederholung der Bewegung. Eine Bewegung muss oft genug gemacht werden, damit das vom Gehirn ausgesendete Signal wieder den Muskel erreicht.

Folgendes Bild kann dies vielleicht besser veranschaulichen: Man hat einen Geländewagen und soll mit ihm einen Weg durch unwegsames, unbefestigtes Gelände für nachkommende Autos frei machen. Das erste Mal fährt man langsam, und der Weg ist sehr holprig. Aber dann fährt man dieselbe Spur immer wieder und wieder entlang. Jedes Mal, wenn der Geländewagen über den Weg fährt, wird die Spur etwas glatter und die Fahrt fällt einem leichter.

Auf diese Weise trainieren Schlaganfallpatient:innen auch das Gehirn, kontinuierlich Nachrichten an die Muskeln zu übertragen. Das Gehirn sendet ein Signal an den Muskel, sich zu bewegen. Je öfter man etwas macht, desto einfacher wird es.

Möglicherweise ist es ein eigenartiges Gefühl, eine Muskelbewegung zu isolieren, denn für alltägliche Aufgaben kombiniert man normalerweise die Bewegungen von mehreren Muskeln und Gelenken gleichzeitig.

Allerdings ist der Aufbau der Nervenbahnen zu den Muskeln der erste Schritt, um den Arm (die Hand, die Finger …) wieder benutzen zu können.

Aktives, gerätegestütztes Training

Man könnte also jede einzelne Bewegung 200-mal täglich mit Hand und Arm durchführen, aber in der praktischen Anwendung der Reha geschieht dies aus verschiedensten Gründen nicht oder nur unzureichend.

Es ist jedoch bekannt, dass die Neuroplastizität sich besser entwickelt, wenn eine Bewegung mit einem bestimmten Zweck verbunden ist, als wenn es sich um reine Wiederholungen handelt.

Handtherapie mit dem Neofect Smart Glove

Der Neofect Smart Glove ist ein Biofeedback gestütztes Therapiegerät, das auf Bewegungen abzielt, die bei Personen nach einem Schlaganfall typischerweise beeinträchtigt sind.

Mit dem Smart Glove wird das Gehirn trainiert, die Nervenbahnen zu den Muskeln wieder aufzubauen.

Besonders praktisch und motivierend ist es, dass auch gleich der Fortschritt festgehalten wird. In einer typischen Sitzung werden 200 bis 300 Wiederholungen absolviert.

Der Neofect Smart Glove bewegt nicht die Hand – die Patient:innen müssen diese Arbeit schon selbst machen. Um eine sichtbare Bewegung des Handgelenks, Unterarms und/oder der Finger zu erzeugen, versucht das Gehirn eine Nachricht zum Muskel zu schicken.

Der Algorithmus des Smart Glove kann genau den passenden Schwierigkeitsgrad einstellen, damit sich die richtige Bahn in das Nervensystem einprägt.

Motivation in der Schlaganfall-Rehabilitation

Depressionen und ein Rückzug aus sozialen Aktivitäten sind bei Menschen mit Schlaganfall nicht selten zu beobachten und beeinträchtigen die Lebensqualität. Daher ist es wichtig, wenn die Patient:innen Beschäftigungen finden, die glücklich machen und Freude bereiten.

Alle Menschen müssen im Leben immer wieder neu bewerten, was wichtig ist, und auch um Dinge trauern, die schwieriger werden als früher. Doch dafür gibt es andere Dinge, die neu entdeckt werden können. Ganz gleich, ob die Hand funktioniert oder nicht: Ein zufriedenes Leben zu führen, ist trotzdem möglich.


Über die Autorin
Clarice Torrey, OTR/L
Clarice ist Ergotherapeutin, Produktdesignerin und Gesundheitsjournalistin aus San Francisco, Kalifornien. Clarice arbeitet für RAD Camp als Community- und Produktmanagerin.

Dieser Beitrag ist eine Übersetzung des Artikels Is Biofeedback or a Robotic Hand Better for Rehabilitation After Stroke: a Therapist’s Perspectiveerschienen auf Neofect.com

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